Die Vision: Das Spiel der Volumen in der Landschaft
Die Kraft der ursprünglichen Planung liegt in den nach Prämissen der «Moderne» rechtwinklig angeordneten Volumen mit einer gewichteten Ordnung von hohen und niedrigen Körpern in einer ausgedehnten Parklandschaft. Zusätzliches und herausragendes Qualitätsmerkmal ist an diesem Ort die Lage vor dem Waldrand, der in seinem parallelen, linearen Verlauf zur wichtigen räumlichen Begrenzung des weiten Feldes und damit zu einer Bezugsebene der Gebäude wird.
Verstärkt wird die Setzung der Schulanlage in der landschaftsparkartigen mit der Schaffung eines deckartigen künstlichen Planums, das den Hochpunkt des Hügelverlaufs betont und überhöht, so dass sich gegen Süden zwei Hauptebenen zum Grünraum ausrichten, das Eingangsfoyer und darunter die Mensa. Von Norden, vom Wald her wird diese Ebene über einen leicht ansteigenden Weg erreicht, der sich über das verglaste Erdgeschoss zum Innenatrium und zum Park hin erweitert.
Die ursprüngliche Gesamtanlage zeigt im Wesentlichen drei Typen von Volumen, die in sich wohlproportioniert und in der Landschaft und Topografie integriert sind. In der obersten Hierarchie sind das Hochhäuser und fünf- bis sechsgeschossige Bauten, zu denen das Schulgebäude gehört. Neben diesen Hauptgebäuden liegen ausgewogen eine Anzahl flacher Volumen, die ein- bis zweigeschossig in Erscheinung treten, mit unterschiedlicher Ausdehnung. Im Bereich der Schule sind das die Aula und das Sportgebäude. Diese sind Teil der Komposition in der Landschaft, sie lassen den Hauptbauten ihr Gewicht, bzw. betonen diese.
Die spätere Erweiterung der Schule mit einem parallel zum Waldrand verlaufenden Gebäude hat den unmittelbaren Bezug zum Wald empfindlich unterbrochen. Zudem stören die mittlere Höhe und die physische Verbindung zum Hauptbau die Komposition beträchtlich.


Reuse oder Abbruch?
Mit dem heutigen Wissen zu Klima und Rohstoffen sollte bei allen Massnahmen eine sorgfältige Abwägung vorgenommen werden, wie weit ein Neubau notwendig ist und wie weit die vorhandene Substanz weiterverwendet werden kann. Im Fall Neufeld erscheint ein Neubau langfristig als geeignetere Strategie, dies aus folgenden Gründen:
Der Stellenwert der Qualität des Hauptgebäudes ist zurecht sehr hoch angesetzt,
zu dieser Qualität gehört der Bezug und der Ausblick allseitig in die Weite, auch zum Wald hin.
Dazu gehört es auch, mit allfälligen Bauten diesen Hauptbau nicht zu stören oder zu beeinträchtigen, sondern ihn in seiner Qualität möglichst zu stärken. Dies steht in Übereinstimmung mit den denkmalpflegerischen Anliegen und Empfehlungen.
Die zunehmend wichtigere Anbindung der Anlage von Norden her erfordert einen besseren, angemessenen Auftritt auch von dieser Seite. Die offenbar notwendige, beträchtliche Erweiterung der Schulnutzungen beansprucht weitgehend das festgelegte Feld für Interventionen. Diese Fläche ist bereits heute über- und unterbaut, so dass ein Ersatz am selben Ort keine unversiegelte Fläche verbraucht. Mit dem Abbruch und einem Ersatzbau ist ein klarer Mehrwert zu erzeugen.


What to do?
Die obige Interpretation der Anlage erfordert entsprechende Reaktionen:
Im Sinne und in Ergänzung der Gesamtkomposition soll sich das neue Gebäude unterordnen und zu den Bauten zweiter Hierarchiestufe gehören, analog dem Sportgebäude.
Damit erhält der Hauptbau wieder Weite und einen starken, direkten Bezug Waldrand.
Die neu entstehenden Flachdächer werden als grüne Dachlandschaft gestaltet und so Teil der umgebenden Parklandschaft. So ergibt sich neben der hohen Nutzbarkeit eine angenehme Draufsicht aus den Schulzimmern heraus als Vordergrund und Kontinuität zum Waldrand.
Der strassenzugewandte Bereich des neuen Traktes steht am Boden und erhält eine sichtbare Adresse samt Zugang, der neben der bestehenden Rampenallee als zweite «Achse» zum Hauptbau führt.


Eine eigene Welt
Mit dieser Disposition erhält das Gebäude mit den Spezialunterrichtsräumen einen eigenständigen Charakter, quasi als Gegenwelt zum Klassenzimmertrakt, mit eigenen, unterscheidbaren Qualitäten. Eine helle Erschliessungshalle führt durch das Haus, halbgeschossig versetzt vermittelt sie zwischen dem Niveau der Strasse und dem Hauptplateau. An die Halle angebunden sie die Zimmertrakte, die ihre Belichtung über grosszügige, hofartige Aussenräume erhalten. Der eine belichtet und belüftet auch die Sporthalle, die, obwohl im Untergeschoss, dadurch einen klaren Aussenbezug aufweist.
Zum bestehenden Hauptbau hin, auf der Ebene des Plateaus, wendet sich das neue Gebäude mit der Ausrichtung der Aufenthaltsräume auf einen gemeinsamen, gut proportionierten Aussenplatz. So verbinden sich die beiden Gebäude mit diesem Zwischenraum zu einem zusammengehörigen Ganzen aus differierenden Teilen.


Interpretation und Kontinuität der Landschaft
Das neue, niedrige Gebäude zwischen Hauptbau und Wald wird mit seiner landschaftsartigen Dachbepflanzung und den darin integrierten Lern- und Aufenthaltsbereichen zu einem ergänzenden Teil der bestehenden Parklandschaft. Im Sinne einer bereichernden Weiterentwicklung wird das Dach zu einer mit üppigen, farbenfrohen Stauden und punktuellen Sträuchern dicht begrünten, vielfältigen Landschaft, in der die Schüler sowohl gemeinschaftlich lernen, als auch sich in individuellen, nischenartigen Bereichen zurückziehen und erholen können. Der Lichthof wird mit einzelnen Kletterpflanzen auf spielerische, abstrakte Art und Weise dezent begrünt.
Die umliegenden, bestehenden Aussenbereiche sollen leicht verfeinert und in einen gepflegten Zustand gebracht werden, mit vereinzelten Neupflanzungen und Auslichtungen. Die zur Verfügung stehende Fläche neben der Sporthalle (ehemals Kugelstossen) soll als Pendant und Gegenüber zur Aula und deren davorliegenden Sitzstufen mit einigen Stufen und einem Wasserbecken mit plätschernder Fontäne als weiterer Aufenthaltsbereich kultiviert werden. Die Formensprache und die Geometrie sind an den Bestand angelehnt und ergänzen diesen harmonisch.