Das Projekt liegt prominent am Hang oberhalb der historischen Altstadt in Zürich, direkt vor dem ETH-Hauptgebäude von Gottfried Semper und neben dem Universitätsgebäude von Karl Moser. Die anstehenden Eingriffe in die bestehende Substanz betreffen einen wichtigen Bau der Schweizer Moderne aus den siebziger Jahren. Mit der Behebung organisatorischer, räumlicher und technischer Defizite entsteht die Chance, die Beziehung der vorgelagerten Terrasse zur Front des Hauptgebäudes neu zu finden, zu stärken und mit wenigen gezielten Änderungen stärker mit der Umgebung zu vernetzen. Die Aufgabe umfasst gleichzeitig pragmatische Massnahmen und den Anspruch, zur künftigen Ikonografie der Anlage beizutragen; mit einer gewissen Gültigkeit also die Operationen des 21. Jahrhunderts sichtbar zu machen als Teil eines generationenübergreifenden Gesamtwerks.

Neufassung mit gezielten Eingriffen: Nutzung und Ikonografie
Identität und Atmosphäre durch Rohbau, Bricolage, Veredelung

Für die Neufassung der Räume verfolgen wir primär eine Strategie der „Entrümpelung“ der Innenräume. Mit dem Entfernen von Verkleidungen, Installationen etc. werden die Räume in den Rohbau zurückgeführt und mit den notwendigen Bauteilen und Installationen bestückt. Anstelle von vollflächiger Verkleidung und Integration betreiben wir eine Art von selektiver „Bricolage“ als Konzept im Umgang mit unterschiedlichsten Ausbauteilen, technischen Installationen, Akustikflächen, Beleuchtung, Oberflächen etc. Dieses Vorgehen ergibt fast von selbst eine klare Systemtrennung und erleichtert künftige Umbauten und Nachrüstungen.

Als grundlegende Haltung steht eine wohlwollend kritische Sicht der Architektur von Geisendorf, die sich vor allem auf die ausdrucksstarke Struktur bezieht. Darüber hinaus wird die Stimmung der unterschiedlichen Räume über eine Hierarchie von Struktur und Licht, über Material und Farbe gesteuert. Bei allen Massnahmen steht die Kontinuität des über Jahrhunderte gewachsenen Konglomerats der ETH-Gebäude im Zentrum: von Semper zu Gull, Roth und Geisendorf wird eine neue Schicht dazu gelegt, die, wie wohl früher auch, den kommenden Bedürfnissen gerecht werden soll.

Radikale Aufwertung bringt klare Orientierung

Mit der radikalen Aufwertung des unter der Terrasse gelegenen Cafés zum Hauptgeschoss werden die wesentlichen Defizite der Zugänglichkeit bereinigt und in neue Qualitäten umgedeutet, die Ankunft, Verbindung und Aufenthalt umfassen. Die Verlegung und Zusammenfassung der Anlieferung macht den direkten Zugang vom Hauptgebäude her möglich. So entsteht ein übersichtlicher, durchlässiger Raum; die Nutzungen offenbaren sich dem Ankommenden unmittelbar und die Wege liegen intuitiv richtig. Mit dem Rückbau des Alumnipavillons entsteht ein übersichtlicher Zugang von Norden, von der Polybahn, der über eine Treppen- und Terrassenlandschaft zum Café und zur Mensa führt.

Maximale Vernetzung

Mit der weiteren Bearbeitung des Projektes sind die inneren und äusseren Verbindungen geklärt und intensiviert worden, so dass das Gebäude fast als Teil einer dichten Stadt erfahren werden kann. Eine neue Passerelle verbindet das Hauptgebäude mit der Mensa und dem Zugang zum Sport, und dazu den neuen Veranstaltungsraum mit einem Aufgang nach Süden. Die Bewegung der Menschen ermöglicht Abkürzungen, Umwege und Wahlmöglichkeiten, je nach Tempo oder Stimmung.

Polyterrasse: Nutzung und Repräsentation

Neben der Nutzung durch die ETH-Angehörigen haben Hauptgebäude und MM eine wichtige repräsentative Funktion für den Auftritt der Hochschule als Institution und als Teil der Stadt. Dabei nimmt die Terrasse eine buchstäblich überragende Rolle als Ort des Panoramas über Stadt, Berge und See ein; von Touristen, Passanten und Studierenden gleichermassen geschätzt. Mit der Neufassung der Terrassenlandschaft entsteht durch Anhebung der Hauptebene eine grosse zusammmenhängende Fläche, die dem Semper-Hauptgebäude als ruhiger, wohlproportionierter Vorbereich dient, aber auch für Events, Zelte und Installationen aller Art zur Verfügung steht. Auch bei einer dichten Belegung bleibt auf der Aussichtsseite durch den Nievauunterschied ein begehbarer Umgang stets frei. Mit dem Verlegen der heutigen Stufen der Terrasse auf die Kante des historischen Verlaufs des Kranzes um das Hauptgebäude kommt man der ursprünglichen Situation wieder nahe.